29. Dezember - 2. Januar - Ho Chi Minh City

Obwohl der umweltbewusste Teil unserer Hirne lautstark protestiert hat, haben wir einen Inlandsflug von Hanoi nach Ho Chi Minh Stadt gebucht. Inklusive Gepäck und Flughafentransfer haben wir nur etwa 60€ bezahlt, die andere Option wäre gewesen, für den gleichen Preis zwei Tage lang zu sechst in einer Schlafkabine eines Zuges zu liegen. So holte uns also ein Bus morgens am Reisebüro ab und brachte uns fast auf direktem Wege zurück in den Norden nach Hanoi, wo wir unsere Reise durch Vietnam vor ein paar Tagen begonnen hatten. Am Check-In-Counter konnte man uns aus irgendeinem Grund noch kein Ticket drucken und wir durften unser Gepäck noch nicht aufgeben. Nach mehreren Nachfragen und hin und her laufen, waren wir uns schließlich fast ganz sicher, dass unser Flug Verspätung hatte. Also setzten wir uns in ein Cafe und bekriegten uns in ein paar Runden "Vier", unserem Lieblingskartenspiel. 

Nach ca. zwei Stunden konnten wir dann schließlich das Gepäck aufgeben, als schon die nächste Überraschung auf uns wartete. Nachdem mein Rucksack im Scanner verschwand, bat man mich mit in die Sicherheitszone zu kommen, da mein Gepäck anscheinend überprüft werden musste. (Niemand sprach so richtig Englisch, also wussten wir nicht genau, was los war) Aber als ich hinter das Gitter trat, gab man mir den Rucksack einfach nur ungeöffnet in die Hand, ich solle es "nochmal abgeben", es war also zum Glück nur irgendein Fehler. Rucksack wieder auf's Fließband und weg war er.

Der Flug war überraschend komfortabel, wir bekamen Wolldecken und sogar eine warme Mahlzeit mit Getränk und Obst, obwohl wir nur etwa ein bis zwei Stunden unterwegs waren. Als wir gelandet und unser Gepäck aufgesammelt hatten, kauften wir uns ein Shuttlebus Ticket, welches uns in die Nähe unseres Hostels bringen sollte. Wir spazierten über die Walkingstreet, eine Straße voller Clubs, Restaurants und Hostels, wo sich natürlich nur Backpacker uns Touris aufhielten. Ein bisschen erinnerte es uns an die Khaosan Road in Bankok, ein lautes, buntes Chaos aus allem Möglichen, von Verkäuferinen, die Wägen voller getrockneter Tintenfische vor sich herschoben bis hin zu leicht bekleideten, jungen Damen, die den jeweiligen Club hinter sich bewarben. Wir aßen noch ein paar leckere Burritos, bevor wir uns in unserem Hostel aufs Ohr hauten. 


Am nächsten Tag besuchten wir das Kriegsreste-Museum von Ho Chi Minh, in dem der grausame Vietnamkrieg in drei Stockwerken ausführlich bebildert war. Obwohl die Geschichte wahnsinnig interressant ist, waren die Fotos, die in dem Museum ausgestellt waren nichts für schwache Herzen, es war ziemlich brutal. 

Kaum vorstellbar, dass das einmal Alltag für die Vietnamesen war. Besonders befremdlich fand ich jedoch die Vorstellung, dass all das noch gar nicht so lange her ist, denn Saigon fiel erst 1975. Viele Vietnamesen die heute leben, waren also dabei. 

Um das bedrückende Gefühl loszuwerden, welches wir nach dem Besuch des Museums hatten, spazierten wir auf der Suche nach Abendessen über die Walkingstreet, bis wir schließlich ein Restaurant fanden in dem wir leckere Burger aßen und Karten spielten. Wir fanden heraus, dass das Restaurant "Bookworm's Coffee" einem Engländer gehörte, der eine Vietnamesin geheiratet hatte, was die vielen typisch englischen Gerichte auf der Karte erklärte.

Während wir Karten spielten gesellte sich plötzlich ein kleines Mädchen zu uns, das ganz ohne Scheu ein lebhaftes Gespräch in sehr gutem Englisch mit uns anfing und ehe wir wussten wie uns geschah, spielte ich auch schon mit Schachpferdchen Pferdestall.

Das kleine Mädchen hieß Sophia und war offensichtlich die Tochter der Inhaber. So schonend wie man es einem kleinen Mädchen beibringen konnte, dass die Pferdchen jetzt schlafen gehen müssen, verabschiedeten wir uns und gingen zurück zum Hostel.


Der letzte Tag des Jahres 2019 startete damit, dass wir das Hostel wechselten und uns zum Frühstück auf einem einheimischen Markt eine ganze Ananas und drei Khakis für ca. 2 Euro kauften.

Gestärkt begannen wir einen langen Spaziergang durch die knallende Sonne zu einem Hindu-Tempel, der an sich zwar nicht so beeindruckend war, aber auf dem Boden und an den Wänden schöne, bunte Fliesen hatte, die sich zum Fotos machen anboten. 

Bevor es dunkel wurde gingen wir auf dem Heimweg noch schnell an der Notre Dame von Ho Chi Minh Stadt vorbei, die der in Paris abgesehen von der Größe sehr ähnelte. Leider war sie von einem Baugerüst umhüllt und wir konnten sie nicht in voller Pracht bewundern. 

Zu Abend aßen wir auf einem Food Court, wo wir bei ein paar Bier auch unser Kartengefecht weiterführten. Nach einem Becher Eis, den wir uns zu Silvester gönnten, spazierten wir zurück zur Walkingstreet, in der Hoffnung dort etwas vom Feuerwerk zu sehen.

Die Straße war an diesem Abend noch voller und lauter als sonst und obwohl wir vom Feuerwerk weder etwas hörten, noch sahen, war die Stimmung toll.

In der Menge gab es ein paar Feuerkünstler und Konfettikanonen. Als dann einer der Clubs um null Uhr Minifeuerwerke an der Fassade des Gebäudes zündete, ging jedoch auf einmal der Leuchtschriftzug mit dem Namen des Clubs in Flammen auf. Mit ca. 10 Feuerlöschern schafften die Mittarbeiter es schließlich das Feuer endgültig zu ersticken, zum Erleichtern der ganzen Straße, die von unten aus zuguckte. 

Das neue Jahr wurde also turbulent begrüßt. 

Der erste Januar war unser letzter voller Tag in Ho Chi Minh Stadt und auch in Vietnam und wir begannen ihn, indem wir uns sehr leckere Paninis bei einem Restaurant namens "Hungry Pig" belegen ließen, bevor wir zu Fuß zum Wiedervereinigungspalast von Ho Chi Minh Stadt liefen.

Das Gebäude stellte die Residenz und den Arbeitsplatz des Präsidenten von Südvietnam während des Vietnamkrieges dar. Der Palast war der Ort, an dem das Ende des Vietnamkrieges besiegelt wurde, nach dem Fall von Saigon 1975, als ein Panzer der Vietnamesischen Volksarmee durch die Tore brach. 

In dem Palast konnte man die Konferenzräume, Schlafzimmer und Büros des Präsidenten sehen, das spannendste war jedoch der Bunker, in dem noch originale, riesige Landkarten hingen, auf denen die unübersichtliche politische und militärische Situation festgehalten wurde.

Es gab außerdem mehrere Räume des Bunkers, in denen viele alte Radiogeräte, Funksender und andere Kommunikationsmittel zu sehen waren.

Aus dem Bunker führte eine Wendeltreppe direkt in das Büro des Präsidenten im zweiten Stock. 

Der Palast beherbergt ein Kino und ein Kasino im dritten Stock, sowie einen Helikopterlandeplatz auf dem Dach. Außerdem wurde vom Architekten ein Meditationszimmer auf dem Dach vorgesehen, damit sich die Staatsoberhäupter von wichtigen Entscheidungen in aller Ruhe besinnen konnten. Dieser wurde aber, ironischerweise, vom ersten Präsidenten in einen Club mit Tanzfläche für über hundert Gäste umgebaut. Man muss eben Prioritäten setzten. 

Der Projektor der Kinos ist nur ein kleines bisschen größer als die heutigen Beamer.
Der Projektor der Kinos ist nur ein kleines bisschen größer als die heutigen Beamer.
Die Besichtigung war wie ein Zeitsprung in die 70er Jahre.
Die Besichtigung war wie ein Zeitsprung in die 70er Jahre.

Der Ausflug war wirklich interressant, da der Palast und die Einrichtung nahezu unberührt geblieben waren, seit er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. 

Obwohl unsere Füße von dem ganzen Herumlaufen schon weh taten, liefen wir nach dem Palast noch etwa zwanzig Minuten weiter zu einer Kirche, die komplett pink gestrichen war. Leider schloss sie in dem Moment in dem wir ankamen, aber wir konnten sie zumindest von außen bewundern. 

Ein wenig ungewöhnlich, aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.
Ein wenig ungewöhnlich, aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.

Für den Heimweg winkten wir uns dann ein Taxi heran und ich kann sagen: es ist ein Wunder, dass ich noch lebe und diesen Bericht schreiben kann! An chaotischen Verkehr waren wir nach zwei Monaten Südostasien ja gewöhnt, aber wenn man mitten drin ist, im Verkehr von Ho Chi Minh kommt einem alles andere entspannt vor. Regeln schien es keine zu geben, man konnte Glück haben, wenn der Gegenverkehr rote Ampeln beachtete, ansonsten machte jeder dass, was er gerade wollte. Vor allem die unzähligen Roller kümmerten Verkehrsregeln überhaupt nicht. Sie fuhren kreuz und quer über Kreuzungen und Fußgängerwege, drehten mitten auf der Straße um, oder fuhren so eng an unserem Taxi vorbei, dass wir die Schrammen hören konnten, die die Lenker hinterließen. Ein entgegenkommender Roller konnte nicht rechtzeitig ausweichen und nach einem lauten Knall und einem kurzen Schockmoment erkannten wir erleichtert dass zum Glück nur der Spiegel abgeklappt wurde. Den Taxifahrer schien das nicht weiter zu stören, Spiegel wieder raus und weiter.


Stolz darüber was wir alles in Ho Chi Minh City erlebt hatten, packten wir schonmal die Taschen für die Weiterreise. Das man uns am nächsten Morgen vergaß, auf Rollern mit dem gesamten Gepäck durch das Verkehrschaos navigerte um zum Bus zu gelangen, konnten wir ja noch nicht ahnen.

Das sind wir:

Hallo! Wir sind Hannah und Basti und zusammen möchten wir ein paar der  schönsten Ecken der Welt entdecken. 

Auf diesem kleinen Fleckchen im Internet halten wir Familie und Freunde, aber auch Fremde, die vielleicht zu Freunden werden, auf dem Laufenden.

Wir hoffen ihr habt Spaß beim Stöbern!